„Ich wackle mit meinem Fuß, meine Mutter
tippt auf ihrem Handy rum und draußen fährt ein Zug vorbei. Nach ein paar
Minuten werden wir in einen Raum gebeten. Ich sitze angespannt auf einem grünen
Stuhl und die freundlich wirkende Frau, die uns gegenübersitzt, schaut uns
fragend an: „Warum seid ihr denn zu mir gekommen?“
Meine Mutter sprudelt los und erzählt von
meinen aktuellen und früheren Schlafproblemen, meiner Schulangst, meinem
selbsthergeführten Leistungsdruck und noch von einigen anderen mehr oder weniger
relevanten Dingen. Nachdem meine Mutter ihren Monolog beendet hatte, schickt
die Frau meine Mutter vor die Tür und fragt mich erstmal lachend, ob meine Mama
immer so viel redet. Ab da war das Eis gebrochen und ich hab meiner heutigen
Therapeutin auf ihre Bitte hin nochmal ganz in Ruhe meine Probleme und Wünsche
geschildert.“
Der Schritt sich Hilfe zu holen, wenn es einem psychisch nicht gut geht, ist zugleich ein großer und schwieriger. Gleichzeitig gibt es noch viele Vorurteile gegenüber einer Therapie, die noch aufgeräumt werden müssen und das Thema nicht einfacher machen. In diesem Artikel möchte ich diese Vorurteile aus dem Weg schaffen, eine Hilfestellung geben, wann es vielleicht sinnvoll wäre, sich Hilfe zu holen, wo diese gefunden wird und was dabei zu beachten ist. Zum Schluss erläutere ich noch, wie eine Therapie abläuft, wobei dabei das genaue Verfahren unglaublich individuell ist, und was es für Therapieformen gibt.
Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass Fragen gerne hier unter dem Artikel oder über Instagram gestellt werden können und ich oder wir sie dann versuchen möglichst genau nach Erfahrungen und angelesenem Wissen zu beantworten.
Zum Schluss noch eine Videoempfehlung für ein Video von „Psychologeek“, wo Psychotherapie ebenfalls sehr gut erklärt wird. https://youtu.be/TIBbJYrXdLw
- 1. Was ist Psychotherapie?
- 2. Wann ist eine Psychotherapie sinnvoll?
- 3. Der Weg zur richtigen Psychotherapie
- 4. Terminsuche
- 5. Das Erstgespräch
- 6. Die Probatorik
- 7. Verfahren der Psychotherapie
o Verhaltenstherapie
o psychodynamische Verfahren
o systemische Therapie
- 8. Einbeziehung der Eltern & Schweigepflicht
1. Was ist Psychotherapie?
Psychotherapie ist eine Therapie, die wie jede andere Therapie, Krankheiten behandelt. Jedoch handelt es sich hierbei nicht um körperliche Krankheiten, sondern um psychische Krankheiten. Diese können als Beispiel Depressionen, Essstörungen und Angststörungen sein, um die bekanntesten zu nennen. Genauso wie wir, wenn wir uns bspw. den Arm gebrochen haben ins Krankenhaus fahren, wird sich bei psychischen Leiden an Psychotherapeut*innen gewandt. Die Wirksamkeit von Psychotherapie ist wissenschaftlich bewiesen, aber nicht versichert. Es wird probiert, das psychische Leiden zu lindern und eine normale Alltagsbewältigung zu kreieren. Ein wichtiger Ansatz ist die Hilfe zur Selbsthilfe.
Es ist wichtig, sich um psychische Krankheiten zu kümmern, da sie tödlich enden können. 2018 ging die viert häufigste Todesursache auf psychische und Verhaltensstörungen zurück. Das waren gut 6% Prozent aller Tode. Die Tendenz ist steigend.1 Personen, die sich psychische Hilfe suchen, sind also weit entfernt von schwach, sondern retten sich im Zweifelsfall das Leben. Bei einem gebrochenen Arm wird es doch auch nicht als schwach betitelt, wenn damit zur*m Ärzt*in gegangen wird.
„Die Therapie läuft bei jedem anders ab. Das hängt immer davon ab, womit du im Alltag Probleme hast und auch jeder Therapeut ist anders. Aber der Hauptbestandteil ist natürlich, dass man über seine Gefühle und Probleme spricht und gemeinsam nach einem Weg sucht, damit umzugehen.“
„Ich bereue es, auf meine Mutter gehört zu haben, und nicht bei meinem ersten Wunsch direkt in Therapie gegangen zu sein. Als ich noch nicht krank war, es mir nur nicht immer gut ging. Bevor die Zweifel kamen, bevor ich mir verboten habe glücklich zu sein.“
Es gibt verschiedene Gründe, warum es sinnvoll wäre sich professionelle Hilfe zu suchen, um das Gehirn und die Gedanken „aufzuräumen“. So viele, dass es schwierig ist, diese jetzt alle aufzulisten. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sobald Du mit dem Gedanken spielst, in Therapie zu gehen, Du dies tun solltest. Besonders wenn Du das Gefühl hast, dass Du Dich allein mit der Situation überfordert fühlst und Du Dich in Deinem Alltag eingeschränkt siehst - Du beispielsweise nicht mehr die Sachen machen kannst, die Du eigentlich gerne machst.
Einige Gründe wären beispielsweise:
- Durchgehende Niedergeschlagenheit
- Reizbarkeit
- (Häufige) Panikattacken
- Starke Ängste vor bestimmten Situationen, Lebewesen und Objekten
- Verminderter Appetit auch mit Gewichtsverlust verbunden
- Häufige Essattacken
- Taubheitsgefühl (körperlich, was aber keine körperlichen Ursachen hat, und psychisch)
- Dissoziationen
- Gender/Body Dysphoria
Meistens ist der erste Schritt zur*m persönlichen Hausärzt*in zu gehen. Dort werden die Probleme geschildert und die Person kann Dich dann eventuell an Psychtherapeut*innen überreichen. Wichtig ist, niemals den Gedanken zu haben, dass es einem nicht schlecht genug geht, um eine Therapie zu beginnen. Viele Symptome werden im Laufe der Zeit nicht besser. Wenn Dich ein Thema belastet, hole Dir die Dir zustehende Therapie.
„Für mich persönlich war es total schwierig überhaupt Hilfe bei irgendwem zu suchen. Das lag daran, dass ich das Gefühl hatte, es nicht verdient zu haben und es anderen viel schlechter geht. Ich hatte Angst jemandem den Platz weg zu nehmen und nicht ernst genommen zu werden. Alleine der Schritt sich Freunden anzuvertrauen hat ewig gedauert, weil dafür einfach die Kraft gefehlt hat.“
3. Der Weg zur richtigen Psychotherapie
Du bist jetzt also zu dem Schluss gekommen, dass Du gerade
Hilfe benötigst. Was ist das weitere Vorgehen? Wie eben schon erwähnt, hilft
ein Besuch in einer Praxis, um mögliche körperliche Ursachen auszuschließen.
Dies ist aber nicht unbedingt nötig. Danach musst Du Dir ein*e Psychtherapeut*in
suchen. Dies kann eventuell durch eine Liste, die Dir mitgegeben wurde,
geschehen oder du guckst im Internet. Eine gute Seite ist psych-info.de. Dort
sind nur approbierte Psychotherapeut*innen zu finden. Approbiert bedeutet, dass sie in
einem staatlichen Verfahren geprüft werden. Darauf ist wichtig zu achten, da Psycholog*in kein geschützter Begriff ist, anders
als Psychotherapeut*in. Das heißt, alle Menschen dürften sich so nennen.
Natürlich können auch Heilpraktiker*innen eine gute Therapie anbieten, dort ist
jedoch die Professionalität nicht geprüft und gegeben. Es muss also aufgepasst
werden.
Bei der Auswahl muss auch beachtet werden, was die Fachgebiete der*des
Psychotherapeut*in sind. Diese sind meist im Profil zu finden.
„Ich war erst beim Hausarzt, weil meine Mutter wegen meiner Erschöpfung ein Blutbild gemacht haben wollte – das war komplett unauffällig. Ich habe aber auch davor beim Arzt dann direkt angesprochen, dass ich gerne wieder zur Psychotherapie möchte (ich war schon mal, aber wegen anderen Themen). Er hat mir dann einen Zettel mit Psychotherapeut*innen gegeben.“
4. Terminsuche
Der wohl anstrengendste Schritt kommt jetzt. Sich einen Termin
für ein Erstgespräch suchen. Am besten ist es meist in den Sprechzeiten der
psychotherapeutischen Praxis direkt anzurufen und um einen Termin zu bitten.
Meist wird dann auch gefragt, was denn grob das Anliegen sei.
Dort anzurufen kostet meist eine Menge Überwindung. Ich weiß noch, dass ich
ziemlich aufgeregt war. Wichtig dabei ist zu wissen, dass die Therapeut*innen
am Telefon wissen, dass es nicht so leicht ist anzurufen und dazu ausgebildet
sind anderen Menschen zu helfen, sonst würdest Du ja nicht dort anrufen.
Vielleicht kann es auch helfen, wenn ein*e gute*r Freund*in bei dir ist, wenn
Du anrufst. Dann hast Du ein wenig Unterstützung oder hättest sogar eine
Person, die für Dich anruft, wenn Du es nicht schaffst.
Ein weiterer Tipp für das Telefonat ist, sich aufzuschreiben, was Du sagen
möchtest. Das gibt einen noch mehr Sicherheit und etwas Struktur.
Viele Praxen können auch über eine Mail erreicht werden, wenn das ein angenehmerer Kommunikationsweg für Dich ist. Ein Telefonat bringt jedoch schneller klare Informationen.
„Bei mir war es so, dass ich echt ängstlich vor dem Telefonat war, dann aber alles super funktioniert lief und ich tatsächlich zwei Tage später meinen Ersttermin hatte – was sehr, sehr schnell und ungewöhnlich ist.“
Jetzt ist der Termin für das Erstgespräch gesetzt. Dieser kann je nach Praxis und leider auch Versicherung nur ein paar Tage später sein oder in Einzelfällen auch fast ein Jahr. Für ein Erstgespräch ist dies jedoch sehr selten und wenn es der Fall sein sollte, wäre es auch eine Möglichkeit sich an eine noch andere Praxis zu wenden. Eine andere Möglichkeit, um schnell an einen Termin zu bekommen, ist über die Nummer 116117 – die Nummer über die auch die Impftermine vergeben werden, etwas mehr Planung hätten sie auch machen können, nur so nebenbei. Dort können alle Menschen mit einer gesetzlichen Versicherung herausfinden, wo gerade freie Termine sind. Genaueres gibt es auf der Website https://eterminservice.de/terminservice.
Noch zwei weitere Tipps:
1. Wenn auf der Website oder dem Profil der Praxis keine Sprechzeiten angegeben werden und Du nicht weißt, wann Du anrufen kannst, sind die 10 Minuten vor jeder vollen Stunde meist frei. Da eine Sitzung in der Regeln 50 Minuten dauert, hat die*der Psychotherapeut*in dann etwa 10 Minuten freie Zeit bis zum nächsten Termin. Häufig wird auch auf den Anrufbeantworter gesprochen, wann die genauen Sprechzeiten sind.
2. Wenn kein Kassenplatz in den nächsten 3 Monaten zu bekommen ist, gibt es bei gesetzlich Versicherten die Methode des Kostenerstattungsverfahren. Damit ist es möglich Plätze, die es gibt, zu füllen, ohne dass diese ein Kassenplatz sind. Genauere Informationen gibt es zum Beispiel hier: Infos und Tipps zu Kostenerstattung bei Psychotherapie | therapie.de
5. Das Erstgespräch
Alles hat bisher funktioniert und Du hast Deinen ersten Termin. Beim Erstgespräch redet Ihr in der Regel erstmal über die allgemeinen Beschwerden und es wird sich kennengelernt, was für die spätere Arbeit sehr wichtig ist. Danach können schon die ersten Fragebögen kommen. Diese Fragebögen sind dazu da, um sich nochmal ein genaueres Bild über die Probleme zu machen und Themen zu finden. Diese Fragebögen sind für einen selbst, es gibt aber auch wieder Fragebögen, wo aufgefordert wird, dass die Eltern ihn ausfüllen. Dies ist jedoch ab 15 Jahren nicht mehr zwingend notwendig.
Wenn das Erstgespräch positiv gelaufen ist, wird in der Regel gleich ein Folgetermin ausgemacht.
„Ich war unglaublich aufgeregt und etwas verängstigt vor meinem Erstgespräch. Am Ende ist aber alles gut gelaufen.“
6. Die Probatorik
Je nach Art der Versicherung und Alter (hier zählt Kind/Jugendlich und erwachsen) gibt es etwa 4 bis 8 probatorische Sitzungen, zu denen auch das Erstgespräch zählen kann. Für diese muss noch kein Kassenantrag gemacht werden. Lediglich bei einigen Privatversicherungen muss genauer hingeguckt werden, da diese manchmal probatorische Sitzungen nicht als solche anerkennen, sondern sie zu einem Jahreskontingent an psychotherapeutischen Sitzungen/Stunden zählen.
Die Probatorik dient dazu, um zu gucken, ob die Chemie zwischen Patient*in und Psychotherapeut*in stimmt, was für den Erfolg der Therapie ausschlaggebend ist, wie die Therapie am besten gestaltet wird und was für eine Diagnose in dem später folgenden Antrag steht. Diese Diagnose dient aber erstmal nur für das Förmliche. Es kann sein, dass dann im Laufe der Therapie rauskommt, dass die Symptome einer anderen Erkrankung zuzuordnen sind. Die Diagnosen geben auch lediglich eine Richtung an, wie die Therapie grundsätzlich aufgebaut werden kann. Psychotherapie ist ein sehr individuelles Thema und es gibt bei psychischen Erkrankungen auch ganz unterschiedliche Ausprägungen und noch viel mehr Auslöser und Denkmuster, die herausgefunden werden müssen.
In der Probatorik gibt es auch nochmal viele Fragebögen. Das sind meist standarisierte Bögen. Bei der Auswertung kann dann leichter festgestellt werden, ob Werte auffällig sind.
„Ich hatte unter anderem einen orangenen Fragebogen, der allgemein Aktivitäten und Schulleistungen abfragt, dann aber auch ein offenes Feld für Probleme und Dinge, die man an sich mag, hat. Im letzten Teil des Fragebogens gibt es dann Aussagen zu ganz unterschiedlichen Bereichen (z.B. ich bin häufiger aggressiv, traurig; ich habe häufig Bauchschmerzen/Kopfschmerzen/etc.), die dann auf einer Skala von 0-3 bewertet werden müssen. Diesen Bogen gibt es in blau optional auch nochmal für die Eltern, um einen Vergleich zu haben.“
Was es genau für Fragebögen gibt und wie viele, hängt aber auch von der Symptomatik, den Problemen und den Praxen ab.
Ebenfalls muss es ein Konsiliarbericht von einer*m Hausärzt*in ausgefüllt werden, der sagt, dass die Beschwerden keine körperlichen Ursachen haben. Das bedeutet, ein weiterer Besuch bei Ärzt*innen steht an. Bei Symptomen einer Depression sollte beispielsweise geguckt werden, dass keine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt. Dafür kann eine Blutabnahme nötig sein. Der Arzttermin an sich dauert aber meist nicht so lange. Wichtig ist auf jeden Fall das Formular für den Konsiliarbericht, der von der psychotherapeutischen Praxis mitgegeben wurde, dabei zu haben. So ein Bericht ist jedoch nicht immer nötig. Darüber wirst Du rechtzeitig informiert.
„Ich habe meinen Zettel für den Konsiliarbericht, den ich von meiner Therapeutin bekommen habe, vergessen, was einen ‚kleinen‘ Zusammenbruch verursacht hat, als ich dasaß und nicht wusste, was wir machen konnten. Es hat am Ende alles funktioniert, aber als Tipp: habt ihn auf jeden Fall dabei!“
7. Verfahren der Psychotherapie
Wenn Du Glück hast, hast Du nach Deinen probatorischen Sitzungen direkt einen Therapieplatz und die eigentliche Therapie kann beginnen. Eine Sitzung dauert in der Regel 50 Minuten und findet einmal die Woche statt. Einige Praxen bieten jedoch auch doppelte Sitzungen an, das ist aber nicht die gängige Praxis. Die Therapie meist einmal die Woche zu einem festen Termin, bei Bedarf kann sie auch häufiger oder weniger stattfinden.
„Bei meiner ersten Therapie hatte ich wöchentlich Sitzungen; bei meiner zweiten monatlich, da es mir gut genug ging, um keine wöchentlichen zu brauchen, jetzt habe ich wieder wöchentlich und ich könnte es mir nicht vorstellen, dass sie seltener wären. Ich fühle mich schon krass genug, wenn ich die Woche zur nächsten Therapiestunde überstanden habe – jetzt warte ich darauf, dass der Antrag genehmigt wird und habe deshalb nicht regulär Therapie für 4 Wochen; ich fühle mich wie ein richtiger Warrior…“
Für den Therapieerfolg entscheidend ist, dass der Wille zur
Therapie da ist und sich darauf eingelassen wird. Auch solltest Du Dich trauen,
Deine Bedürfnisse mitzuteilen und ehrlich zu kommunizieren. Der*die Psychotherapeut*in
ist die letzte Person, die Dich für etwas verurteilt.
Wie das Mitteilen aussieht, ist auch von Dir abhängig. Meist wird natürlich
gesprochen, wenn es aber leichter ist, wird probiert den Gefühlen zum Beispiel
beim Malen oder Zeichen Ausdruck zu verleihen. Es gibt auch darauf
spezialisierte Musiktherapien. Je nach Alter werden auch Spiele gespielt.
„Ich finde es momentan noch etwas schwierig mich auf die Therapie im Sinne von „es soll mir besser gehen“ einzulassen, da der Gedanke, dass es mir nicht besser gehen darf, noch zu präsent ist. Ich bin mir aber sicher, dass es besser wird.“
„Ich war auch schon vor 4 Jahren ca. in Therapie, aber ich habe es abgebrochen als die mich auf schwierigere Themen angesprochen hat.“
„Anstrengend ist eine Therapie jedoch manchmal auch, weil man […] sich mit sich selbst und seinen Gefühlen befassen [muss]. Eine Therapie funktioniert nicht, wenn der Patient das nicht möchte.“
Weiter ist es auch wichtig zu wissen, dass eine Therapie
unglaublich anstrengend sein kann und sich die Symptome anfangs auch verschlimmern
können. Bei einer Therapie werden möglicherweise verdrängte Erlebnisse oder
Tatsachen wieder herausgekramt und versteckte Gedankengänge sichtbar gemacht. Das
kann sehr schmerzhaft und anstrengend sein, ist aber absolut nötig für eine
Heilung, da dann geguckt werden kann, wie diese Sachen verarbeitet werden und
wie Gedankengänge gebrochen werden können. Dies kann nur durch aktives
Mitarbeiten passieren.
In einer Therapie werden teilweise auch „Hausaufgaben“ mitgegeben, die einige
Überwindung kosten können. Dies kann zum Beispiel eine feste Aktivität (Sport)
oder ein Stimmungstagebuch sein.
„Meine Therapeutin meinte zu mir, ich solle es schaffen, wieder Yoga zu machen. Dies setzt u.a. stimmungshebende Botenstoffe aus, gibt Bewegung und eine Möglichkeit sich selbst zu fühlen, ohne direkt darüber nachzudenken – ich habe es bisher aber noch nicht geschafft. Ich bin ein gutes Vorbild - ja.“
„Ich glaube, ein wenig Angst vor den Sitzungen ist normal. Besonders zu Beginn. Das haben einige. Meine Erfahrung ist aber, dass die Stunden an sich echt nicht schlimm sind und meistens recht befreiend oder zumindest sortierend ist. Psychotherapie kriegt deine Gedanken und Gefühle sortiert.“
Genauso wie es verschiedene Praxen für unterschiedliche Beschwerden gibt, gibt es auch verschieden Therapieverfahren. In Deutschland sind jedoch nur drei verschiedene Grundtypen gestattet. Die Verhaltenstherapie, das psychodynamische Verfahren (dazu gehören: u.a. Psychoanalyse, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) und die systemische Therapie.
Verhaltenstherapie: Die Grundannahme hierbei ist, dass bestimmte Denk- und Verhaltensmuster erlernt wurden und jetzt umgelernt werden müssen, um das Leiden zu verringern.
psychodynamische Verfahren: Das Ziel hierbei ist jedoch versteckte Gedanken, Konflikte und Verhaltensweisen zu entdecken und der*m Patient*in eine neue Sicht auf Situationen zu ermöglichen. Auch gibt diese Methode die Möglichkeit sich noch besser zu verstehen.
Systemische Therapie:
Bei dieser Therapieform steht der Leitgedanke im Raum, dass die Probleme des
Individuums, eigentlich die Probleme des Systems sind, in dem das Individuum
lebt. Das System kann zum Beispiel die Familie, die Arbeit oder die Schule
sein. Es wird dabei geguckt, wer welche Verhaltensweisen in dem System hat und
wie die Beziehungen zueinander sind. Ziel ist es die ungünstigen Muster zu
entdecken und wenn möglich zu ändern. Auch wird geguckt, was für einen
möglichen Nutzen bestimmte Symptome haben. Häufig hilft es, sich das klar zu
werden, um es besser zu verstehen und darüber zu sprechen. Die systemische
Therapie hat sich aus der Familientherapie entwickelt.
Sie ist in Deutschland noch nicht lange zugelassen und wird meist noch nicht von
Krankenkasse übernommen.
Welche Therapieform am geeignetsten ist, hängt immer von Dir als Person und den Problemen ab. Theoretisch sind aber alle Therapieformen für fast alle psychischen Krankheiten möglich.
Am Ende ist die Therapie aber sehr flexibel aufgebaut. Es wird auf Deine Bedürfnisse und Probleme eingegangen und keine Therapie gleicht der anderen.
„Ist dann nur wichtig, dass das wirklich komplett individuell ist“
8. Einbeziehung der Eltern & Schweigepflicht
Jugendliche ab 15 Jahren ist es gestattet, selbstständig bei der gesetzlichen Krankenkasse einen Antrag einzureichen. Das bedeutet, ihre Eltern müssen nichts von der Therapie wissen. Bis 15 Jahre ist dies jedoch nötig. Trotzdem steht der*die Psychotherapeut*in unter Schweigepflicht und es muss den Eltern nichts über die Inhalte der Therapie berichtet werden. Elternberichte können jedoch sinnvoll sein. Wenn dem so ist, wird die*der Therapeut*in es mit Dir besprechen und gemeinsam kann dann entschlossen werden, was erzählt werden darf und unter welchen Bedingungen.
„Die [Therapeutin] hat halt auch mit meiner Mutter geredet und wir hatten letzte Woche auch ein Gespräch zusammen [..] Und sonst hatte ich auch Probleme mit meinen Eltern während der Phase, weil ich eben nicht verstanden habe, was deren Problem war, aber in dem Gespräch konnte man halt gut verstehen, auch wie es der anderen Person ging.“
Zusätzlich ist es nötig, dass wenn Du unter 15 Jahre bist, alle Sorgeberechtigten der Psychotherapie zustimmen.
Eine Ausnahme gibt es bei den Privatversicherten. Dort muss bis zur Volljährigkeit der Antrag an die Krankenkasse von den gesetzlichen Vertreter*innen kommen. Die Eltern müssen aber auch hier nicht von den Inhalten der Therapie berichtet werden.
Die*der Psychotherapeut*in darf die Schweigepflicht (das ist bei allen Versicherungsarten gleich) nur in zwei Fällen brechen: erstens, wenn der begründete Verdacht besteht, dass Du Dir etwas Ernsthaftes antust und zweitens, wenn der begründete Verdacht besteht, dass Du anderen Menschen ernsthaften Schaden anrichten willst.
Dies wird allerdings in der Regel auch alles im Erstgespräch besprochen.
Ich hoffe, diese Artikel konnte Dir ein wenig Klarheit verschaffen und offene Fragen beantworten. Wenn trotzdem noch Fragen bestehen, schreib sie gerne hier in die Kommentare. Ganz viel Liebe an alle da draußen! Und weil Du so gut bis zum Ende gelesen hast, hier noch ein Zitat, dass mir persönlich immer total viel Kraft und Zuversicht gibt:
„I can’t promise you that the next day will be a better day for you; But what I do know is there is just one way to find out. So I’ll see you tomorrow, and the next days… and the next day because one day, it WILL be better.“ ~ Jazz Thornton
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